Liquidität: Überfällige Forderungen zusammen mit Kunden reduzieren

Die durchschnittliche Anzahl Tage der Zahlungsverzögerung nach Erhalt der Ware ist bloß ein erster Indikator, um Außenstände zu beurteilen. Die Orientierung an den branchenspezifischen und umsatzabhängigen Kennzahlen (Durchschnittswerte und Quartile) zeigen den Mittelwert auf und was die 25% der schnellsten Unternehmen an Bilanzwerten erzielen.

Beispiel Maschinenbau:

Umsatz 50 MEUR, Bilanzsumme 35 MEUR

1. Quartil: 25% der 3000 Unternehmen also 750 haben Forderungen von 4,8% der Bilanzsumme also 1,7 MEUR oder weniger. Dies entspricht im Mittel einem realisierten Zahlungsziel von 12 Tagen.

4. Quartil: 25% der 3000 Unternehmen also 750 haben Forderungen von 13,6% der Bilanzsumme also 4,8 MEUR oder mehr. Dies entspricht im Mittel einem realisierten Zahlungsziel von 35 Tagen.

 

Beispiel 80 Kunden mit überfälligen Zahlungen

Diagramm

Unterteilen Sie die ausstehenden Zahlungen in Gruppen, um das resultierende kurz- und mittelfristige Verbesserungspotential gut zu überblicken. Unterscheiden Sie zwischen pünktlichen, gelegentlich unpünktlichen, chronisch unpünktlichen und Kunden, die überlange Ausstände verantworten.

Dann lösen Sie in absteigender Reihenfolge zuerst jene Problemfälle, welche die Liquidität am meisten belasten.

Die Daten liefert Ihnen das ERP-System. Um innerhalb einer Woche aussagefähig und operativ zu sein reicht ein Download der Forderungen sowie der bisherigen Zahlungshistorie gekoppelt mit der Klassifizierung und dem zuständigen Verkäufer. Moderne „open source“ Tools wie pandas bewältigen so etwas mit wenigen Zeilen Code auf jedem Laptop. Ebenso können die Entscheide und die Verantwortlichen jeweils zur Fortschrittkontrolle dazu gelinkt werden. Natürlich können Sie dies alles im ERP-System abbilden sofern Sie über kurzfristig verfügbare Programmierkapazität haben.

 

Beauftragen Sie die Vertriebsverantwortlichen mit der Durchsetzung der neuen Vorgaben wie folgt: Jeweils Montag morgens und Freitag nachmittags werden alle Abweichungen mit allen Verantwortlichen durchgesprochen.

·         Gelegentliche unpünktliche Zahlungen: Verbessern Sie die Abläufe (nichts bleibt liegen) und erhöhen Sie die Einhaltung der Termine indem Sie alle Ausreden abschaffen.

·         Chronisch unpünktliche Zahlungen: Diese Fälle löst der zuständige Vertriebler.

·         Seit lange überfällige Zahlungen: Diese Fälle löst der Vertriebsleiter.

·         Der Kunde ist abhängig von Ihrer Lieferung: Verhängen Sie einen Lieferstopp, kündigen Sie aber vorher an sofern sie an der weiteren Zusammenarbeit mit dem Kunden interessiert sind. Bei Bedenken des Vertriebs bezüglich Kundenausfall bitten Sie um Kompensationsgeschäfte.

 

     Manchmal trifft man auf überlange Zahlungsziele. Diese sind meist historisch gewachsen. Hier ein Beispiel aus der Consumer Electronics:  Wir wollten einen Laptop-Hersteller in China beliefern. Am Ende der Verhandlungen hatte man uns ein Zahlungsziel von 180 Tagen angeboten. Damit war der Deal geplatzt. Schaffen Sie also für alle Zahlungen außerhalb des branchenüblichen Zahlungszielrahmens Abhilfe, indem Sie neue, branchenübliche Zahlungsziele definieren. Das dauert, ist anstrengend, aber es muss sein. In über 90% der Fälle macht der Kunde mit.

 

Weitere Maßnahmen sind:

·         Lösen Sie Konsignationslager auf oder verlangen Sie eine Vorfinanzierung.

·         Factoring ist eine Lösung, die langfristig geplant werden muss. Dient sie als kurzfristige Liquiditätssicherung, so gefährdet sie mittelfristig die Profitabilität.

·         Bonus Malus System: Die Bonusberechnung hängt nicht nur an der Marge, sondern auch an der Einhaltung der Zahlungsziele. Boni gelten nur für bezahlte Lieferungen. Für den Januar (Bsp. 30 Tage Zahlungsziel und Jahresbonus) planen Sie eine zweite Auszahlungsrunde.

Zum Abschluss ein positives Beispiel: Mit dem Risk Management eines Automobil-OEMs haben wir für einige Monate ein Zahlungsziel von 3 Tagen vereinbart. Dies hat uns sehr geholfen.